Zeitreise Taschengeld: Das gab es doch schon immer! Oder?

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26.1.2023

„Als ich so alt war wie du, habe ich gar kein Taschengeld bekommen!“ Jeder, der diesen Spruch schonmal gehört hat, bitte aufzeigen! Du auch? Willkommen im Club! Aber das schlimmste ist: Jeder, der den Spruch als Teenager gehasst hat, ertappt sich irgendwann selbst bei dem einen oder anderen „als ich so alt war wie du…“. Aber das ist ein anderes Thema. Also Hand aufs Herz: Was ist dran am Taschengeld-Mythos von früher? Mit Bling gehst du auf Zeitreise!

Zurück geht’s ins Jahr 1900. Ja, du hast Recht. Das ist ein bisschen weit ausgeholt. Aber Anfang des 20. Jahrhunderts kam das Thema Taschengeld nun mal zum ersten Mal auf den Tisch. Und das wahrscheinlich sogar wortwörtlich. Allerdings nicht auf die Tische bei uns in Europa. Die Idee, Kindern ein Taschengeld zur freien Verfügung auszuzahlen, kommt ursprünglich aus Amerika.

In Deutschland sah das noch etwas anders aus. Ganz anders als heute. Also alles – nicht nur das mit dem Taschengeld.

Lass uns zusammen ins Jahr 1900 reisen: Wie war das damals?

Es ist ein schöner Sommertag, irgendwann im August 1900, irgendwo in Deutschland. Die Straßen in der Stadt sind staubig. Kein Wunder, dass das Mädchen, das dort entlang geht, kaum auffällt. Ihr Rock ist schmutzig, fast so schmutzig wie die Straße. Das Mädchen heißt Luise, sie ist 13 Jahre alt. Es ist so gegen 5 Uhr nachmittags und die Sonne strahlt immer noch heiß vom Himmel. Luise bleibt stehen, um ihr Gesicht in die Sonne zu halten. Der Rauch der Fabriken steht aber so dicht über der Stadt, dass die Sonne kaum hindurchkommt.

An diesem Sommertag, irgendwann im August 1900, ist Zahltag. In ihrer Rocktasche umklammert Luise ein paar Münzen. 5 Mark. Es ist der Lohn der vergangenen Woche. Wie immer stand sie jeden Tag zehn Stunden an der Maschine in der Fabrik. In die Schule geht Luise nicht. Was auf der Reklame steht, die sie grade ansieht, weiß sie nicht. Luise geht weiter. Ihre Mutter wartet. Sie braucht ihren Lohn dringend, um Brot für sie und ihre fünf Geschwister zu kaufen. Einmal hat Luise sich von ihrem Lohn ein Bonbon gekauft. An diesem Tag musste sie ohne Abendessen ins Bett.

Fazit: Taschengeld im Jahr 1900?

Fehlanzeige. Etwas von ihrem Arbeitslohn zu behalten, darüber hat Luise nie nachgedacht. Wofür auch? Sie hätte nicht gewusst, wann sie es hätte ausgeben sollen. Na gut, außer ab und zu auf dem Heimweg von der Arbeit im Kaufmannsladen neben ihrem Wohnhaus. Die Bonbons dort waren einfach zu lecker!

Übrigens: Luise war nicht das einzige Kind, das in einer Fabrik geschuftet hat. Fast alle Kinder wurden als Arbeitskräfte eingesetzt. Luise hat dafür pro Woche 5 Mark bekommen. Das sind heute etwa 36,50 Euro. Nicht viel für eine ganze Woche Arbeit, oder?

Und wie ging es mit Luise weiter?

Im Jahr 1920 ist Luise groß. Sie hat mittlerweile selber Kinder. Alle können sie lesen und schreiben. Darauf ist Luise sehr stolz, denn eine Schulpflicht gibt es erst seit einem Jahr. Sie will, dass ihre Kinder nicht so viel arbeiten müssen wie sie, als sie klein war.

Doch ganz ohne Arbeit geht es nicht. Luises Mann wurde im Krieg verletzt und ist noch nicht wieder fit, um alleine für die Familie zu sorgen. Luise ist trotzdem froh, dass der Krieg vorüber ist. Vielleicht wird ja jetzt alles besser?

Auch der 12-jährige Johannes, ihr jüngster Sohn, packt schon mit an. Nach der Schule geht er mit seiner Mutter zu den Fabrikanten, die einige Straßen entfernt wohnen. Sie haben ein schönes großes Haus mit Garten. Johannes hilft dort, wo er kann. Er fegt, hackt Holz und repariert die Treppe, während seine Mutter putzt, kocht und sich um die fünf Kinder der Familie kümmert. Wenn Johannes groß ist, möchte er auch mal in so einem Haus wohnen. Mit genauso einem Apfelbaum im Garten.

Der Vater der Familie steckt Johannes ab und zu ein Bonbon zu. „Aber sag es nicht deiner Mutter“, sagt er dann. Das Geld für die Arbeit von Johannes und seiner Mutter erhält seine Mutter eingewickelt in ein Zeitungsblatt vom Vortag. Das findet Johannes super. Das Zeitungsblatt darf er zuhause lesen.

Fazit: Taschengeld im Jahr 1920?

Keine Chance. Selbst die Kinder des Fabrikanten bekamen kein Geld zur freien Verfügung. So kurz nach dem Krieg war das Geld knapp – wie alles andere auch. Ein paar Jahre später sah das ganz anders aus: Luise war plötzlich Millionärin. Ach Quatsch: Milliardärin! Leider konnte sie von ihrem vielen Geld aber nicht mal einen Brief verschicken. In Deutschland wurde so viel Geld gedruckt, dass es nichts mehr wert war. Johannes durfte sogar ab und zu mit den Geldscheinen spielen. Das war billiger als Spielzeug zu kaufen.

Luise wusste damals noch nicht, dass das als Hyperinflation in die Geschichte eingehen würde. Aber geahnt hat sie es schon.

Johannes und das Taschengeld im Jahr 1940

Im Jahr 1940 ist Johannes selbst Vater. Er hat zwei Töchter: Anna und Martina. Beide gehen zur Schule. Leider wohnt er nicht in einem so schönen Haus wie das, in dem er als Kind gearbeitet hat. Aber im Sommer lässt er ab und zu einen Apfel vom Baum der Fabrikantenvilla mitgehen. Es wohnt mittlerweile allerdings eine andere Familie darin. Johannes kann sie nicht leiden.

Den Traum vom Haus hat er aber noch nicht aufgegeben. Momentan arbeitet er noch in einer Fabrik, die Munition herstellt. Nach dem Krieg will er aber selbst eine Firma gründen. Er will Holzpferde herstellen. Solche, wie er sie für seine beiden Töchter selbstgeschnitzt hat. Nur schöner.

Anna und Martina sind acht und zehn Jahre alt. Was sie nach der Schule machen, können sie sich nicht aussuchen. Ihre Eltern auch nicht. Aber wenn noch etwas Zeit bleibt, helfen sie ihrer Mutter im Haushalt oder gehen zu ihrer Nachbarin. Diese kümmert sich um Waisenkinder. Dort kochen sie und waschen Wäsche. Leider hat ihre Nachbarin nicht genug Geld, um sie dafür zu bezahlen. Dafür dürfen sie sich aber ab und zu eines der Bücher ausleihen, die im Regal ihrer Nachbarin stehen.

Fazit: Taschengeld im Jahr 1940?

Sorry Anna, sorry Martina. Es war noch nicht so weit. Aber Anna und Martina störte das nicht. Sie hatten andere Dinge im Kopf und Geld gehörte nicht dazu. Wofür auch? Es gab keine Bonbons, die sie sich davon hätten kaufen können. Bloß ein Buch hätten sie sich gerne gekauft. Aber dafür hatten sie ja ihre Nachbarin mit dem tollen Bücherregal.

Und was wurde aus dem Holzpferd?

Es ist das Jahr 1965: Anna und Martina haben das Spielwarengeschäft ihres Vaters übernommen. Holzpferde hat er nie gebaut. Aber im Geschäft verkaufen sie jetzt welche.

Die Eltern, die in das Geschäft kommen, reden vor allem über eines: Taschengeld. In den 1960er Jahren war plötzlich alles anders, als Anna und Martina es in ihrer eigenen Kindheit erlebt haben. Sie wissen gar nicht, wie oft sie zu ihren Kindern sagen: „Als wir so alt waren wie ihr…!“

Die Eltern im Spielwarengeschäft erzählen, dass die Kinder den Umgang mit Geld lernen sollen. Ganz selbstständig. Wie Erwachsene. Denn das macht man jetzt so!

Anna und Martina probieren das natürlich sofort aus. Ihre Kinder bekommen jeweils eine Mark pro Monat. Die großen Kinder, die nach der Schule im Spielwarengeschäft aushelfen, sogar etwas mehr. So ganz raushalten können Anna und Martina sich aber noch nicht. Vor allem bei Karsten, dem ältesten Sohn von Anna, mischen sich beide oft ein. Sie haben schon zwei Mal beobachtet, wie der 15-jährige sein Taschengeld für Zigaretten ausgegeben hat.

Fazit: Yeah! Es gibt Taschengeld!

Seit Mitte der 1960er Jahre klingeln in den Kinderzimmern die Kassen. Endlich setzt es sich durch, dass Kinder nicht mehr durchs Arbeiten, sondern durchs Lernen erwachsen werden. Für ihr Geld müssen sie nicht mehr stundenlang am Tag an einer Maschine stehen. Sie bekommen es einfach so – und dürfen es sogar behalten. Nur um das Wäschewaschen, kochen und Holzhacken kommen sie nicht herum: Zuhause.

1990 ist Karsten Nichtraucher. Und das Taschengeld?

Sina, Jonas und Leonard: das sind die drei Kinder von Karsten. Das Rauchen hat er längst aufgegeben. Er versteht selbst nicht mehr, warum er sein Taschengeld dafür ausgegeben hat.

Das mit dem Taschengeld hat sich aber durchgesetzt. Fast jedes Kind aus den Schulklassen seiner Kinder bekommt Taschengeld. Auch der 7-jährige Jonas kriegt schon eine Mark Taschengeld im Monat. Davon kauft er sich nach der Schule ab und zu ein paar Bonbons oder er legt es zur Seite, bis er sich ein Comicheft leisten kann. Das macht er alles ganz allein. Denn der Taschengeldparagraph gibt ihm die Freiheit, sein Taschengeld ganz alleine auszugeben.

Fazit: 1990 ist Taschengeld schon ganz normal

Na gut. So normal wie heute ist das Taschengeld im Jahr 1990 noch nicht. Nicht alle Kinder bekamen Taschengeld. Und wie schon in den Jahren zuvor, war das in den Städten sowieso ganz anders als auf dem Land. Aber eines war bestimmt schon genau wie heute: Wenn Jonas mehr Taschengeld bekommen wollte, musste er mit Mama und Papa verhandeln. Und rate mal, was Karsten dann zu ihm gesagt hat: „Als ich so alt war wie du…!“

Letzte Station: Heute

Jonas hat es gehasst, wenn sein Vater das zu ihm gesagt hat. Er wusste ganz genau, dass Karsten als Kind sehr wohl Taschengeld bekommen hat. Was Jonas heute wohl sagt, wenn er mit seiner Tochter Clara über Taschengeld verhandelt?

Okay, willkommen zurück in der Realität

Wir müssen euch was gestehen: Wir kennen Jonas gar nicht. Auch Karsten und die anderen nicht. Und Luise schon gar nicht. Ob es wirklich so abgelaufen ist? Keine Ahnung!

Aber die Entwicklung des Taschengeldes? Ganz sicher!

Übrigens: Wenn es Jonas und Clara irgendwo gibt, dann haben sie bestimmt die Bling Card

Du weißt noch nicht, was die Bling Card ist? Das solltest du unbedingt ändern! Hier erfährst du, wie du dir und deiner Familie das Leben in Sachen Taschengeld leichter machst.

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